Tunesien im Dezember 2016 (Sicherheit)
Die Sicherheitslage in Tunesien (persönlicher Vergleich Dezember 2016 zu Ende 2010 vor dem Aufstand)Vorweg: Keine wesentliche Änderung gegenüber Ende 2010, lediglich im Detail.
Dort, wo früher die Polizei stand und vorbeifahrende Fahrzeuge anhielt, manchmal gar, um von ihnen, einen kleinen Wegezoll zu kassieren, steht heute immer noch die Polizei. Im Gegensatz zu früher jedoch mit Maschinenpistolen. Alle paar Kontrollpunkte gibt es zusätzlich ein Militärfahrzeug mit Soldaten, ebenfalls bewaffnet und alle paar Minuten fahren Polizisten im Auto, auf Motorrädern (meist ohne Sturzhelm), auf Quads und in Polizeilastwagen, sowie Militärfahrzeuge die Straße entlang (doch sie gehen niemals zu Fuß...).
Die Botschaft von alledem ist klar: Wir passen auf, wir haben die Lage unter Kontrolle, alles ist sicher. Nimmt man sich jedoch die Zeit, einen Polizeiposten eine zeitlang zu beobachten, dann denkt man anders darüber. Was ich gesehen habe, ist dies: Polizisten beschäftigen sich mit ihrem Telefon oder unterhalten sich mit zu Fuß oder per Auto vorbeikommenden Bekannten. Ab und zu wird ein Fahrzeug angehalten, wobei dies bevorzugt, nach meinem Eindruck sogar nur, bei welchen mit libyschem oder algerischen Autokennzeichen geschieht. Doch keiner derjenigen, die die Anschläge in Tunis und Sousse verübt haben, war Libyer oder Algerier. Wer also mit einem tunesischen Privatwagen oder Lieferwagen Waffen oder ähnliches befördern will, der hat eine gute Chance, das erfolgreich zu tun.
Selbst Leihwagen (Mietwagen), die durch ihre andersfarbigen (blauen) Kennzeichen weithin erkennbar sind, werden nicht sonderlich beachtet. Ich selbst wurde bei über 700 Straßenkilometern bei Tag und bei Nacht, in Großstädten und auf dem Land, nur ein einziges Mal zum Herzeigen meines Passes aufgefordert, und das auch nur, weil ich am Flughafen Enfidha an einem Polizeiposten angehalten hatte, um nach dem Weg zu fragen - an meinem Beifahrer war der Kontrolleur jedoch da nicht interessiert.
Und angehalten wurde ich ansonsten niemals. Zwar wurden Leihwagen mit augenscheinlich europäischen Insassen auch früher nicht oft angehalten oder kurz-kontrolliert, doch immerhin noch wesentlich öfter, als es heute geschieht.Insgesamt wird also ein ungeheurer Aufwand betrieben, um staatliche Sicherheitskräfte auf den Straßen zu präsentieren, und daß dies personell nicht aus der Substanz geschehen kann, das ist klar - entsprechend oft sieht man junge Männer, fast noch Kinder, die in Uniform mit Maschinenpistole/gewehr an den Kontrollstellen stehen.
Und das dürfte auch eine Kehrseite dieser Politik darstellen, denn was die im Falle eines Falles tun werden, das ist keineswegs ausgemacht. Ich persönlich jedenfalls fühle mich eher von unsicheren und womöglich wenig ausgebildeten Polizisten oder Soldaten bedroht und in meiner Freiheit beeinträchtigt, als von irgendwelchen Terroristen, Schmugglern oder anderen bösen Buben. Denn auch das ist klar - als Tourist macht man sich schon seine Gedanken, wo man hergehen kann, wo man stehenbleiben und gucken kann, was man sich aus der Nähe anschauen und fotografieren darf, nicht weil da ein Terrorist stehen könnte, sondern weil man sich von der Polizei beobachtet fühlt.
Den Eindruck hatte man damals, zu Ben Ali-Zeiten, zuweilen zwar ebenfalls, doch damals war man dabei jedenfalls nicht von Maschinengewehren und jungen Sicherheitskräften umgeben.Ich kann es insofern nachvollziehen, daß z.B. England seine Reisewarnung für Tunesien nicht zurückziehen mag, weil es der Auffassung ist, daß die Anstrengungen Tunesiens für die Sicherheit nicht überzeugend oder rundweg befriedigend sind.Auch früher schon standen vor vielen Hotels private Sicherheitsleute.
Das hat sich nicht geändert, doch was sich geändert hat, das ist, daß an manchen Hotels mit Spiegeln unter Kraftfahrzeuge geschaut wird (zumindest so lange, wie der Fahrer noch nicht bekannt ist), doch auch, daß in einigen (wenigen) Hotels sogar beim Eintritt durch die Eingangstüre, so wie bei Flughäfen, die Gäste überprüft werden und auch ihre Bauchtaschen, Gürtel, Jacken, etc. durch eine Durchleuchtungseinheit gegeben und sie selbst mit einem Metalldetektor geprüft werden müssen. Ich bin mir nicht sicher, ob dies bei vielen Gästen Urlaubsstimmung aufkommen läßt, doch noch weniger, ob das gegen eine Person oder eine Gruppe bewaffneter Angreifer helfen wird...
Dort, wo Polizisten womöglich sinnvoll wären, da habe ich jedenfalls keine gesehen. So zum Beispiel bei Fahrten zwischen Sousse und Kairouan. Da hatten, mitten auf der Strecke neben einer Reifenfirma, nämlich Streikende die Hauptstraße durch Reifen blockiert (die sie nachts anzündeten). Da es zwischen diesen Städten keine Alternativstrecke gibt, mußten sich die Fahrzeuge also einen Weg quer über Äcker und Wiesen, Feldwege und nicht auf Karten eingezeichnete Provinzsträßchen bahnen, und das um die 10km weit. Wohlgemerkt: Diese Straßenblockade dauerte nicht einen Tag, nein, weit gefehlt, sie dauerte einige Wochen lang, sollte heute allerdings wieder beendet sein.
Da war kein Polizist weit und breit zu sehen, auch keine Wegweiser, kein Umleitungsschild. Die Autofahrer (und Schwer-Lastwagenfahrer, Busfahrer, Taxifahrer) mußten, in der Mitte vom Nirgendwo, zusehen, wie sie selbst klarkamen. Schon merkwürdig, so etwas, auf einer Straße zwischen nicht unbedeutenden Städten und auf der mit Touristenverkehr zu rechnen ist.
Ansonsten - ich habe mich im Dezember 2016 niemals irgendwo unsicher, bedroht oder sonderlich belästigt gefühlt, nicht bei Tag und nicht bei Nacht, nicht im Touristengebiet, nicht im (Sammel)taxi, und nicht in typisch "einheimischen" Gebieten. Die Lage ist genauso gut oder schlecht, wie sie es auch Ende 2010 gewesen ist und auch bei den "normalen" Belästigungen, dem Anbieten von Drogen, dem Versuch, Touristen in Geschäfte zu ziehen, dem Versuch, Touristen zu neppen, konnte ich keinen, absolut keinen, Unterschied zur Zeit vor 6 Jahren feststellen.
Tunesien im Dezember 2016 (Flughafen Enfidha)
Diejenigen, die nach dem Aufstand auf dem Flughafen Enfidha gelandet oder von dort gestartet sind, die wissen ja meist Bescheid - doch selbst da mag noch ein Unterschied bestehen zum Dezember 2016...Enfidha, der Flughafen, der zwischen den Bevölkerungszentren Hammamet/Nabeul und Sousse/Monastir gelegen ist, sollte einst der größte Flughafen in Nordafrika werden. Dazu sollte noch ein Tiefsee- und Kreuzfahrthafen kommen.
So weit die Theorie.
Was Enfidha jedoch ist, das steht auf einem anderen Blatt. Gelegen ist der Flughafen mitten in einer schier endlosen Sumpfebene (die man dann erkennt, wenn es geregnet hat), weitab von jeder menschlichen Behausung (einmal von Ort Enfidha selbst, etwa 10km entfernt, abgesehen) und angebunden durch eine pompöse Spange zur Autobahn.
Das Flughafengebäude selbst ist, von der Abflughalle abgesehen, erstaunlich klein (irgendwie kam mir das Wort "Saarbrücken" in den Kopf) und wenn man einmal hingeht, wenn keine Passiere dort sind, dann wirkt das Ganze surreal wie aus einer anderen Welt, wie ein etwas größeres UFO, das auf einer weiten, flachen Fläche gelandet ist und in dem die Passiere aus Depression schon verstorben sind.
Der Sinn der riesigen Parkplätze erschließt sich auf den ersten Blick nicht, nur eine Handvoll Autos verlieren sich darauf. Kein Bus, kein Taxi, kein Nichts befindet vor dem Flughafen, und wenn man hineingeht, dann setzt sich das Nichts drinnen fort.
Kein geöffnetes Geschäft, keine geöffnete Bank, 1 geöffnetes Cafe und hier und da sich langweilende Reinigungskräfte und Polizisten. Mir wird auf Nachfrage an der (besetzten!) Information erklärt, daß nur dann, wenn Flugzeuge landen oder starten, überhaupt irgendetwas geöffnet hat oder zur Verfügung steht, und das wäre im Moment Freitags und Samstags der Fall.
Rückblick: Bei der Landung an einem Samstag am frühen Nachmittag waren alle Geschäfte geschlossen, alle Banken geschlossen, am Taxistand waren 2 Touristentaxis zu sehen (das sind die weißen, die bezirksübergreifend fahren dürfen, die gelben dürfen das nicht) und ansonsten nur 5 Touristenbusse (Transferbusse von Reisegesellschaften).
Vorausblick: Beim Start an einem Samstag morgen waren alle Geschäfte geschlossen, eine (1) Bank hatte geöffnet, keine Taxis am Taxistand und 2 Touristenbusse.
Ich bin dann noch dem sagenhaften Mythos Busverbindung (oder gar Sammeltaxi) nach Sousse oder Hammamet, die einige Reisende gesehen haben wollen, nachgegangen. Im Dezember 2016 jedenfalls gab es eine solche Busverbindung NICHT (keine Haltestelle, kein Fahrplan), obwohl ich für einen Moment einen Linienbus auf dem Gelände herumkurven sah. Da habe ich sicherheitshalber auch noch einmal nachgefragt und mir wurde gesagt, daß es einen Bus gäbe, der zum Dorf Enfidha fährt und da könne man dann umsteigen in das Sammeltaxi nach Sousse oder Hammamet. Wann die Busse nach Enfidha fahren (sicherlich nicht nachts), danach habe ich leider nicht mehr gefragt, doch in etwas über einer Stunde habe ich nur 1 Bus gesehen.
Also zumindest derzeit gibt es definitiv keine Busverbindung in die Touristengebiete. Das heißt, das jemand, der in Enfidha landet und keinen Flughafentransfer gebucht hat, da gestrandet ist. Er hat nur die Möglichkeit, ein Taxi zu nehmen (wenn denn eines da ist, da muß man sich schon beeilen) und dafür Mondpreise zu zahlen - der am Taxihalt angeschriebene Preis ist ebenso hoch, wie ein Transfer per Mietwagen mit Fahrer.
Deshalb meine Empfehlung als Individualreisender: Gönnen Sie sich den Luxus, sich von einem Mietwagen mit Chauffeur vom Flughafen abholen zu lassen und sich damit noch individuell einen ganzen Tag herumfahren zu lassen (1 Tag Miete) ... das kostet nur wenig mehr, als nur die Taxifahrt vom Flughafen zum Hotel allein (Sousse, Kantaoui, Hammamet, besonders aber Monastir oder Mahdia).
Alternativ kann man natürlich auf den Linienbus nach Enfidha warten und dort Umsteigen ins Sammeltaxi, was wesentlich preisgünstiger ist, doch auch wesentlich beschwerlicher und länger dauert (sagen wir einmal, 2-3 Stunden).
Was gibt es sonst noch über den wohl trostlosesten Großflughafen zu sagen? Nichts wirklich, es ist ein Flughafen, nicht mehr und nicht weniger. Mit einem Zollfreigeschäft (das sogar geöffnet hatte). Mit Durchleuchtungsgeräten. Mit Gepäckband. Mit diversen Schaltern und Gängen.
Mit einer Start/Landebahn, die zum Meer hin bzw. davon weg führt (ca. 100m), entweder beim Starten oder beim Landen kann man sich immerhin zumindest noch dem Gedanken hingeben, was wohl passiert, wenn der Pilot sich verschätzt.

Ach ja: Ich war auch am Flughafen Monastir: Parkplätze gut belegt, Flugzeuge auf dem Rollfeld, Passagiere vorhanden, Geschäfte geöffnet, 3 Minuten Fußweg zu Bus, Bahn und Sammeltaxi, gelbe Taxis vor dem Gebäude ... alles genau so, wie es dort immer schon gewesen ist ... (grübel) ...